POLO+10: Wie sind Sie zum Polo gekommen und wie hat sich Ihre persönliche Begeisterung für diesen Sport entwickelt?
Nicholas Colquhoun-Denvers: Ich habe mich schon in meiner frühen Jugend für diesen Sport begeistert, als ich zum ersten Mal sah, wie jemand Polo spielte. Das war im Rahmen der Royal Show in Westaustralien, wo ich aufwuchs. Später hatte ich das Glück, mich selbst an Stick & Ball zu versuchen, mit den Ponys des Vaters meiner Freundin in Canberra – und ab da hatte es mich gepackt. Richtig lernen konnte ich den Sport, als ich Anfang der 1970er Jahre in der britischen Armee in Fallingbostel und Hohne in Niedersachsen stationiert war. Dann wurde ich nach Hongkong versetzt, und dort spielte ich in Sek Kong, wo ich auf Borneo-Ponys mit 120 bis 130 cm Stockmaß spielte.
POLO+10: Ihre Rolle im Polo als Vorsitzender des HAM Polo Club (HPC), ehemaliger Vorsitzender und aktueller Steward der Hurlingham Polo Association (HPA) und Mitglied im Executive Committee der FIP ist von großer Wichtigkeit für die Weiterentwicklung des Sports. Was treibt Sie an, sich so aktiv für diesen Sport zu engagieren?
Colquhoun-Denvers: Ich bin seit rund 20 Jahren Vorsitzender des Londoner Polo Clubs HPC und bin stolz, mit einem historisch so bedeutenden und so erfolgreichen Verein zu tun zu haben. Meine vier Jahre als Vorsitzender der HPA waren einer der Höhepunkte meines Pololebens – ich glaube, ich bin der erste Australier, dem die Ehre zuteil wurde, dem ältesten aller Landesverbände vorzusitzen, der so tief in der Geschichte des Sports, den ich so liebe, verwurzelt ist. Ich bin seit 16 Jahren HPA-Steward und genieße die vielfältigen Aufgaben, die das mit sich bringt. Im Dezember wartet die größte Herausforderung auf mich: Dann werde ich zum Präsidenten der FIP ernannt, eine weitere spannende Rolle und eine neue Herausforderung für mich.
POLO+10: Welche Vision haben Sie als Mitglied der FIP für Ihren Verband und die Förderung des Polosports?
Colquhoun-Denvers: Ein Landesverband ist ein Zusammenschluss nationaler Vereine, und der internationale Verband wurde vor über 30 Jahren von Marcos Uranga ins Leben gerufen, als Konföderation der Landesverbände in aller Welt, um die Interaktion zwischen den Polo spielenden Nationen zu fördern und alle, die diesen Sport lieben, näher zusammenzubringen. Die FIP ist im Laufe der Jahre stetig gewachsen, aber es hat mehrere Jahrzehnte gedauert, bis die ganz großen Nationen auf uns aufmerksam geworden sind. Vor Kurzem wurde unter Dr. Richard Caleel als Vorsitzendem und Alejandro Taylor als Interims-CEO die Organisation des Verbands gestrafft und neue Richtlinien eingeführt, die sicherstellen sollen, dass die Vertreter der einzelnen Länder auch den jeweiligen Leitungsgremien angehören. So soll die Kommunikation verbessert und verhindert werden, dass Prozesse parallel laufen oder dass die FIP Dinge tut, die mit den Interessen wichtiger Akteure in Konflikt stehen.
POLO+10: Welche Probleme müssen Ihrer Meinung nach angegangen werden, damit die FIP ihre Ziele erreichen kann?
Colquhoun-Denvers: Vor allem sollten FIP-Turniere stattfinden, die sich auf einem Level bewegen, das die meisten Nationen tatsächlich erreichen können. Viele unserer Mitgliederstaaten können einfach kein Nationalteam mit 8 Goals aufstellen – von einem mit 14 Goals ganz zu schweigen. Um diesen Nationen dabei zu helfen, sich so weit zu verbessern, dass sie irgendwann ebenfalls an einer Weltmeisterschaft teilnehmen können, muss die FIP internationale Turniere mit geringerer Goal-Vorgabe einrichten, nur so können sich alle verbessern. Man sollte auch die Zone D, die sich von Neuseeland über Asien und den Nahen Osten bis nach Südafrika erstreckt, noch einmal unter die Lupe nehmen und in überschaubare Nebenzonen aufteilen; das würde die Verwaltung vereinfachen und man könnte sich mehr auf die individuellen Anforderungen und Entwicklungen in den einzelnen Bereichen konzentrieren. Wir müssen die größeren Nationen dazu ermuntern, sich aktiv um diejenigen Länder zu kümmern, die im Polo noch nicht so weit sind wie sie, indem wir ihnen Schiedsrichter zur Verfügung stellen, Trainer ausbilden usw.
POLO+10: Was sind beim Polo Ihre persönlichen Ziele?
Colquhoun-Denvers: Ich werde bald 66 Jahre alt. Da wünsche ich mir eigentlich nur, dass ich noch so lange wie möglich fest im Sattel sitze, Freude an meinen Ponys habe und als Amateur Polo spielen kann. Man fragt mich immer wieder, wer zu meinem „Dream Team“ gehören würde, und trotz der bemerkenswerten High Goal Talente, die uns immer wieder begegnen – wie Cambiaso oder der Pieres-Familie, um nur ein paar zu nennen –, ist meine Antwort immer die gleiche: Mein „Dream Team“, das bin ich selbst zusammen mit drei Freunden, beim Sport, den wir lieben!
POLO+10: Polo ist ein Vermächtnis für zukünftige Generationen. Wie sehen Sie die Zukunft des Sports? Wie ist es mit den Junior-Ligen, und wie kann der Sport noch populärer werden?
Colquhoun-Denvers: Dass heute so viel Geld in den Polosport fließt, hat das Spiel dramatisch verändert – und zwar nicht immer zum Besseren. Man muss sich einmal klarmachen, dass über 80 Prozent der Polospieler noch immer Amateure sind, und um die muss man sich kümmern. Vor allem sollte es darum gehen, Kinder so früh wie möglich für den Sport zu begeistern. Der Erfolg des britischen „Polo Pony Club“ und ähnlicher Initiativen in anderen Ländern hat gezeigt, dass dies die beste Möglichkeit ist, den Nachwuchs zu fördern. Einer der größten Wachstumsbereiche im Amateur-Polo ist derzeit, wie rasant der Anteil weiblicher Spieler steigt – und das sollte man fördern.