Auf der Deutschen Medium Goal Polomeisterschaft 2012 auf Gut Aspern befragte die Hamburger AG Reitsicherheit unter der Leitung von Dr. med. Christian Hessler Polospieler zu dem Thema „Sicherheit im Polosport“. Dr. Hessler ist Neurochirurg am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, arbeitete vor seiner Ausbildung zum Neurochirurgen vier Jahre als Unfallchirurg sowie eineinhalb Jahre als Intensivmediziner. In den vergangenen Jahren erhielt er zwei Forschungsstipendien von der Stadt Hamburg und untersuchte unter anderem intensiv die Möglichkeiten der Unfall- und Verletzungsprävention im Reitsport.
Umfrage: Es wurden 49 Polospieler befragt, davon 36 (73,5 Prozent) männlich und 13 (26,5 Prozent) weiblich. Das Durchschnittsalter betrug 35,3 Jahre (12 bis 68 Jahre), davon 44 (89,8 Prozent) Amateur- und 5 (10,2 Prozent) Profispieler.
Die Verteilung der Befragten auf die einzelnen Handicaps:
Handicap | Anzahl der Spieler |
Prozent |
kein Handicap |
6 |
12,3 |
-2 |
5 |
10,2 |
-1 |
8 |
16,3 |
0 |
10 |
20,4 |
+1 |
4 |
8,2 |
+2 |
10 |
20,4 |
+3 |
3 |
6,1 |
+4 |
1 |
2 |
+5 |
2 |
4,1 |
Die befragten Spieler verbrachten innerhalb der vergangenen 12 Monate im Durchschnitt 1,4 Stunden pro Tag auf dem Pferd. 55,1 Prozent der befragten Spieler erlitten innerhalb des vergangenen Jahres insgesamt 54 polosportbedingte Unfälle.
Sportart |
Verletzung pro 1.000 Stunden |
Quelle |
Motorcross Rennen |
22,4 |
Tomida et al. 2005 |
Männerfußball Profis |
9,4 |
Ekstrand, 2004 |
Kitesurfen |
7 |
Nickel 2004 |
Triathlon |
2,5 |
Burns et al. 2003 |
Polosport |
2,1 |
eigene Daten |
Mountingbiking |
1,0 |
Gaulrapp et al. 2001 |
Alpinklettern |
0,56 |
Schussman et al. |
Wellenreiten |
0,41 |
Dau et al. 1990 |
Skifahren |
0,3 |
Deutscher Ski Verband 2009 |
Tabelle 1: Verletzungsrisiko beim Polosport im Vergleich zu anderen Sportarten
Diagramm 1: Unfallrisiko in Abhängigkeit des Handicaps der Spieler
Diagramm 2: Nutzung von Schutzkleidung
Weste |
|
|
Typ |
Absolute Anzahl |
Anzahl in Prozent |
Isolierter Wirbelsäulenprotektor |
11 |
61,1 |
Starrer Bodyprotektor |
6 |
33,3 |
Airbagweste |
1 |
5,6 |
Total |
18 |
100 |
Anhang* an Diagramm 2: Typen der getragenen Westen
Anhang** an Diagramm 2: Bei sonstiger getragener Schutzkleidung handelte es sich um Brillen, Handrückenprotektoren, Zahnschutzspangen und Schienenbeinschoner
Diagramm 3: Nutzung von Helmen mit verschiedenen Verschlussmöglichkeiten
Diagramm 4: Häufigkeit von Unfallmechanismen
*: Zusammenstoß mit einem Mitspieler auf dem Pferd sitzend
**: ohne Fremdeinwirkung (z.B. Zerrungen)
Diagramm 5: Häufigkeit der von Verletzungen betroffenen Körperregionen
Schulter* |
Kopf** |
||||
Art der Verletzung |
Anzahl |
in (%) |
Art der Verletzung |
Anzahl |
in (%) |
Prellung |
8 |
53,3 |
Risswunde |
3 |
37,5 |
Schlüsselbeinbruch |
2 |
13,3 |
Gehirnerschütterung |
3 |
37,5 |
Ausgekugeltes Schultergelenk |
2 |
13,3 |
Kieferbruch |
1 |
12.5 |
Muskelriss (Rotatorenmanschette) |
1 |
6,7 |
Prellung |
1 |
12,5 |
Bandzerreißung Schultergelenk |
1 |
6,7 |
|
||
Oberarmkopfbruch |
1 |
6,7 |
|
||
Total |
15 |
|
8 |
Anhang* und**: Häufigkeit und Typ von Schulter- und Kopfverletzungen
Diagramm 6: Notwendigkeit von ärztlicher, chirurgischer und stationärer Krankenhausbehandlung
Diagramm 7: Anteil der verletzten Körperregionen, die durch Schutzkleidung zum Unfallzeitpunkt geschützt waren
Fazit: Der Polosport scheint im Vergleich zu anderen Sportarten mit einem eher geringen Verletzungsrisiko verbunden zu sein (Tabelle 1). Allerdings können polosportbedingte Verletzungen mit einer hohen Schwere assoziiert sein (Diagramm 5): In der Studie wurden fast die Hälfte aller Verletzungen ärztlich versorgt und ca. ¼ aller Verletzungen mussten chirurgisch behandelt oder im Krankenhaus stationär überwacht werden (Diagramm 6). Da ein Großteil der Verletzungen unmittelbare ärztliche Behandlung benötigt, sollte ärztliche Versorgung auf Polosportveranstaltungen gewährleistet sein.
Für die am häufigsten von Verletzungen betroffene Körperregion gibt es noch keine Schutzkleidung (Diagramme 5 und 7). Hier entsteht dringender Handlungsbedarf, weil es sich häufig um schwere Verletzungen handelt. Die Weiterentwicklung von Airbagwesten, die unter anderem den Schulterbereich des Reiters schützen, ist ein zukünftiger Schwerpunkt der Forschungstätigkeit der Hamburger AG Reitsicherheit.
Bei den hier präsentierten Daten handelt es sich um die erste Auswertung. Die Daten sind daher nicht repräsentativ und deuten höchstens einen Trend an. Die Hamburger AG Reitsicherheit wird weitere Studien durchführen, um zu einem späteren Zeitpunkt zu statistisch signifikanten Ergebnissen zu publizieren.