POLO+10 INTERVIEW MIT DEM AMTIERENDEN FIP-PRÄSIDENTEN NICHOLAS COLQUHOUN-DENVERS UND SEINEM DESIGNIERTEN NACHFOLGER HORACIO ARECO, DER AB DEZEMBER 2018 AN DER SPITZE DES POLO WELTVERBANDES, DER FEDERATION OF INTERNATIONAL POLO, STEHEN WIRD.
DIE FEDERATION OF INTERNATIONAL POLO HAT AKTUELL 86 NATIONALE VERBANDSMITGLIEDER. STEIGT DIESE ZAHL IMMER NOCH?
Ja, die FIP wächst und gedeiht Jahr für Jahr. 2018 haben wir sowohl Kuwait als auch die Vereinigten Arabischen Emirate hinzubekommen – und es sind noch einige weitere in der Pipeline. Es ist Auftrag der FIP, den Polosport weltweit zu fördern. Dazu gehört auch die Unterstützung neuer aufstrebender Polonationen bei der Gründung nationaler Verbände.
EIN WELTWEIT EINHEITLICHES REGELWERK IST SEIT DER GRÜNDUNG DER FIP IM JAHR 1982 EINES DER HAUPTZIELE. WIE WEIT SIND SIE DAMIT BIS HEUTE GEKOMMEN?
Wir haben bei diesem Thema schon einen langen Weg zurückgelegt. Die FIP hat seit jeher laufend Treffen zwischen den Rules Committees der AAP, HPA und USPA initiiert und gefördert. Als Ergebnis dieser Treffen gibt es derzeit so gut wie keine Unterschiede mehr zwischen den Regeln von AAP, HPA und USPA. Die FIP hat auch ein System unterstützt, bei dem neue Regeln vor der Umsetzung zwischen den drei Verbänden diskutiert und in einem Testlauf praktisch getestet werden, bevor dauerhafte Änderungen vorgenommen werden. Sobald diese Regel-Änderungen offiziell genehmigt sind, werden sie dann an alle unsere Mitgliedsverbände kommuniziert, um auch von ihnen Feedback zu erhalten, wie sich die neuen Regeln während der FIP-Turniere der einzelnen Mitgliedsnationen bewähren.
WAS WÜRDEN SIE ALS DIE GRÖSSTEN ERFOLGE IN DER GESCHICHTE UND ARBEIT DER FIP IN DEN LETZTEN 36 JAHREN BEZEICHNEN?
Die Organisation von 11 Weltmeisterschaften, 12 Europameisterschaften, 2 Damen-Europameisterschaften und mehr als 100 Ambassadors Cup zeigt, dass die FIP und ihre Mitglieder hart an der Förderung des Polosports gearbeitet haben. Vergessen wir nicht, dass Polo zum ersten Mal seit 1936 wieder Teil der Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires war – und zwar dank unserer Zusammenarbeit mit der AAP und dem Organisationskomitee der Olympischen Jugendspiele in Buenos Aires.
UND WAS SIND IHRER MEINUNG NACH NOCH DIE GRÖSSTEN PROBLEME, MIT DENEN SIE KONFRONTIERT SIND?
Wir müssen unsere Zusammenarbeit mit dem IOC (International Olympic Committee) fortsetzen, um die Wiedereinführung des Polosports bei künftigen Olympischen Spielen zu fördern. Ebenso wollen wir an neuen Initiativen wie dem 3:3-Polo zu arbeiten, um es einem neuen Publikum näherzubringen und damit auch den Polosport generell zu fördern. Wichtig ist für uns auch, bestehende Turniere für die Zukunft zu sichern sowie neue FIP-Turniere in Gebieten der Welt zu etablieren, in denen der internationale Wettbewerb dem Sport zugute kommen würde.
DIE »ERWEITERUNG DER MÖGLICHKEITEN FÜR SPIELER« IST EIN WEITERES WICHTIGES ZIEL DER FIP. WAS SIND DIE KONKRETEN PROJEKTE, DIE SICH HIERAUS ERGEBEN?
FIP-Turniere sind in ihren Spielklassen so gestaltet, dass die meisten unserer Mitgliedsländer eine Mannschaft stellen können. Wir haben etwa 22 bis 25 Mannschaften, die an den Playoffs der Polo-Weltmeisterschaft teilnehmen, und wir haben bei jeder Ausgabe der Europameisterschaften mehr teilnehmende Teams. In diesem Jahr hat die FIP die zweite Ausgabe der Damen-Europameisterschaft im italienischen Villa a Sesta organisiert und wir hoffen, in naher Zukunft auch die erste Damen-Polo-Weltmeisterschaft auszurichten. Die FIP arbeitet auch an der Entwicklung und Förderung von Polo in Südostasien und engagiert sich derzeit gemeinsam mit den Philippinen dafür, den Polosport als Disziplin bei den Südostasienspielen im nächsten Jahr zu etablieren. Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, unsere Mitglieder zu unterstützen und zu ermutigen, Polounterricht für Kinder und Schiedsrichter zu organisieren sowie Themen wie Spielerdoping und Pferdewohlfahrt zu kommunizieren und zu fördern.
WAS TUN SIE, UM DAS VERSTÄNDNIS UND DIE BEGEISTERUNG FÜR DAS SPIEL BEI NICHT-SPIELERN ZU VERBESSERN?
Die FIP arbeitet mit den Organisatoren der Turniere zusammen, um auch das nicht-poloaffine Publikum anzuziehen. Bei der Polo-Weltmeisterschaft 2015 in Chile nahmen mehr als 35.000 Zuschauer teil, eine ähnliche Zahl wurde bei der letztjährigen Weltmeisterschaft in Australien erreicht. Die FIP ist auch sehr aktiv im Bereich Social Media, die Zahl der Follower ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Die Vereinfachung der Regeln, die mit allen Poloverbänden durchgeführt wird, ist auch ein Weg, um dem dem Nicht-Player-Publikum das Verständnis des Spiels zu erleichtern.
DAS ERSTE DAMEN-POLO ABIERTO 2017 WAR EIN ÜBERWÄLTIGENDER ERFOLG. GLAUBEN SIE, DASS DAMEN-POLO WEITER SO SCHNELL WACHSEN WIRD UND IN ZUKUNFT AUCH NOCH MEHR UNTERSTÜTZUNG DURCH DIE FIP ERHÄLT?
Damen-Polo wächst weltweit rasant und wir planen, auch weiterhin Turniere wie die Damen-Europameisterschaft zu organisieren. Wir haben ein FIP Ladies International Polo Committee gegründet und werden weiterhin daran arbeiten, Themen wie Handicaps, Spielniveau usw. zu verbessern. Wie gesagt, wir haben das Ziel, in naher Zukunft die First Ladies World Polo Championship zu organisieren.
WIE HAT DIR DIE EUROPAMEISTERSCHAFT IN VILLA A SESTA GEFALLEN?
Der Villa a Sesta Polo Club war ein wunderbarer Gastgeber. Dank des Einsatzes von FISE und der Tattoni-Familie konnten wir 10 Mannschaften bei der XII. Europameisterschaft und 4 Mannschaften bei der II. Damen Europameisterschaft begrüßen. Das bedeutete mehr als 300 Pferde im Stall und 30 Spiele in 10 Tagen!
WARUM SPIELT ASERBAIDSCHAN BEI EINER EUROPAMEISTERSCHAFT?
Nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion im August 1991 trat Aserbaidschan 1992 den Vereinten Nationen bei und verband sich mit anderen Ländern, vor allem mit Europa. Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Aserbaidschan wurde 1996 unterzeichnet, um die Beziehungen zwischen dem Land und dem Europäischen Parlament zu formalisieren. Das Land ist aktives Mitglied des Europarates, dem es am 25. Januar 2001 beigetreten ist. Im Jahr 2004 trat das Land der »European Neighborhood Policy« bei, die darauf abzielt, die Länder im Osten und Süden des Gebiets der Europäischen Union in Europa zusammenzubringen. Die Länder in der »European Neighborhood Policy« könnten in Zukunft für den beitritt in die Europäische Union zugelassen werden. Aserbaidschanische Athleten nehmen regulär an den europäischen Leichtathletik-Wettbewerben teil. Im Jahr 2015 veranstaltete Aserbaidschan die Europäischen Spiele, an denen mehr als 6.000 europäische Athleten teilnahmen. Die FIP hat Aserbaidschan der Zone C (Europa) zugeordnet, da sie an kontinentalen Turnieren teilnehmen wollten und geografisch auf halber Strecke von anderen Mitgliedern in den Zonen D (Südostasien & Ozeanien) und Zone E (Afrika, Indien & Pakistan) liegen.
WORUM DREHTE SICH DIE DISKUSSION ÜBER DAS HANDICAP DES DEUTSCHEN DAMENTEAMS BEI DER EUROPAMEISTERSCHAFT IN VILLA A SESTA?
Die deutsche Mannschaft hat sich nicht mit einem unterbewerteten Handicap für die Damen-Europameisterschaft beworben. Die FIP hat, weil sie dazu berechtigt ist, das Handicap einer deutschen Spielerin nach dem Beginn des Turniers angepasst. Die anderen teilnehmenden Nationen haben die entsprechenden Erklärungen erhalten und kein nationaler Verband hat sich über das Ergebnis der Europameisterschaft beschwert. Wie Sie vielleicht wissen, haben Spieler kein universelles Handicap, weshalb die FIP in bestimmten Situationen eingreifen muss, wenn es um Handicap-Probleme geht. Bei den Damenhandicaps wird es eine Weile brauchen, bis sie einheitlich standardisiert sind, so wie es auch bei den Herrenhandicaps der Fall war. Zudem haben nur sehr wenige Verbände überhaupt eigenständige Damenhandicaps eingeführt.
HERR COLQUHOUN-DENVERS, WAS WAR IHRE BEEINDRUCKENDSTE ERFAHRUNG WÄHREND IHRER ZEIT ALS FIP-PRÄSIDENT? UND WAS WÜRDEN SIE SAGEN, WO SIE IHRE WICHTIGSTEN ERFOLGE UND
PROJEKTE REALISIEREN KÖNNTEN?
Ich denke, dass die Einführung eines CEO und eines effizienten FIP-Büros mit Sitz in Buenos Aires in der Amtszeit von Dr. Richard Caleel und mir es uns ermöglicht hat, viel professioneller zu werden und die FIP relevanter für unsere Mitglieder zu gestalten. Die Einführung einer fünften Zone, welche die Zone D in zwei viel überschaubarere Verwaltungsbereiche unterteilt, wird hoffentlich in Zukunft dazu beitragen, mehr Wettbewerbe in der Zone E zu fördern. Dazu gehört auch der afrikanische Subkontinent, auf dem viel Polo gespielt wird, der aber derzeit nicht von viel internationalem Wettbewerb profitiert. Höhepunkte waren sicherlich die beiden Weltmeisterschaften, eine in Chile und eine in Australien, die ich während meiner Amtszeit leiten durfte. Beide waren äußerst erfolgreich, was allen Beteiligten zu verdanken ist.
HERR ARECO, SIE SIND DER DESIGNIERTE NEUE PRÄSIDENT DER FEDERATION OF INTERNATIONAL POLO. WAS SIND IHRE PLÄNE UND HOFFNUNGEN FÜR DIE ZUKUNFT DER FIP? GIBT ES PROBLEME IN DER ARBEIT DER FIP, DIE UNTER IHRER PRÄSIDENTSCHAFT GEÄNDERT WERDEN?
Zunächst einmal werden wir die gute Arbeit fortsetzen. Wir werden viel Wert auf die Verbesserung des Damen-Polos legen und wie gesagt, werden wir in naher Zukunft die erste Damen-Weltmeisterschaft organisieren. Wir werden auch Jugend- und Kinderturniere in verschiedenen Ländern entwickeln und fördern. Da es von Anfang an, neben der Förderung und Verbreitung des Polosports, eines unserer wichtigen Ziele war, Polo wieder zu einer Olympischen Disziplin zu machen, werden wir auch weiterhin mit dem Int. Olympischen Komitee arbeiten. Wir wollen erreichen, den Polosport in jeder erdenklichen Weise und Variation in die Olympischen Spiele einzubeziehen: durch Schnee-Polo, Hallen-Polo, im 3 gegen 3-Format, etc. Wir werden auch an der Organisation regionaler Polo-Meisterschaften arbeiten. Für FIP-Zonen wie Südostasien (Zone D), Südamerika (Zone B), Nordamerika (Zone A) und die sehr umfangreichen Zone E, die Afrika und den Mittleren Osten umfasst, wollen wir aufgreifen, was wir in Europa bereits erfolgreich tun.